Drei Jugendliche stehen im Mittelpunkt der Illustration, fröhlich lächelnd und umgeben von Film-, Technik- und Medienobjekten wie Kamera, Filmklappe, Play-Symbol, Zahnrad, Notizen, Lupe und einem Mikroskop. Links hält eine Person mit rotem Haar und Brille eine Videokamera, in der Mitte steht eine Person mit Anzug und Krawatte, rechts eine Person mit dunkler Hautfarbe, Zöpfen und Schuluniform. Im Hintergrund sind weitere Köpfe und große Icons wie Pfeile, Kameraobjektive und Tools sichtbar.

Praktikumsauswertung als Video im Social‑Media‑Stil


Lesezeit: ca. 7 Minuten – Wörter: 1.627

Praktika werden in der Schule oft noch mit einer klassischen Mappe abgeschlossen: lineare Berichte, eingeklebte Fotos, Listen. Doch die Lebenswelt Jugendlicher spielt sich heute auf TikTok, Instagram und YouTube ab.

Aus diesem Grund haben wir einen Moodle-OER-Kurs (samt die wichtigsten Materialien ebenfalls als PDF) entwickelt, welches den Schwerpunkt der Praktikumsdokumentation und -auswertung genau auf diese Formate liegt. Wir schlagen vor, die traditionelle Praktikumsmappe nicht einfach zu ersetzen, sondern sie zu transformieren: durch kurze, selbst produzierte Videos, die Reflexion und Medienpraxis miteinander verbinden. Die Schülerinnen und Schüler dokumentieren ihre Erfahrungen kreativ und authentisch in einem Format, das ihnen vertraut ist und in dem sie ihre Stimme finden.

Didaktische Einbettung und Lernziele

Für eine strukturierte Umsetzung stehen im begleitenden Moodle-Kurs gezielt entwickelte Aktivitäten zur Verfügung. Diese begleiten die Lernenden Schritt für Schritt bei der Erstellung der einzelnen Videoformate. EIn umfangreiches Glossar unterstützt im Kurs dabei, die Fachbegriffe zur Videoerstellung im Blick zu behalten. 

Aus lerntheoretischer Sicht greifen hier mehrere bewährte Ansätze ineinander:

Die Cognitive Theory of Multimedia Learning (Mayer) besagt, dass Informationen dann besonders effektiv aufgenommen und gespeichert werden, wenn sie gleichzeitig über visuelle und auditive Kanäle vermittelt werden. Die Videoaufgaben nutzen dieses Prinzip gezielt, indem sie Bildmaterial (z. B. Abläufe, Orte, Gegenstände) mit gesprochenem Kommentar, Text-Overlays und Musik kombinieren. So wird das Erlebte nicht nur dokumentiert, sondern multimedial verarbeitet und dadurch nachhaltiger gelernt.

Konstruktivistische Modelle, wie sie Piaget und Bruner vertreten, betonen, dass Lernen ein aktiver Prozess ist, in dem sich die Lernenden ihre Erkenntnisse selbst erarbeiten. Genau das geschieht, wenn Jugendliche ihre eigenen Erfahrungen aus dem Praktikum auswählen, strukturieren, inszenieren und in Videos übersetzen. Sie handeln dabei als aktive Wissensproduzent*innen und bringen eigene Perspektiven ein, was das Verständnis vertieft und Individualisierung ermöglicht.

Die Self-Determination Theory (Deci & Ryan) hebt hervor, dass Motivation dann besonders wirksam ist, wenn Lernende Autonomie, soziale Eingebundenheit und Kompetenz erleben. Die Erstellung eines Videos, das in einer vertrauten digitalen Umgebung (z. B. im Klassenraum oder auf einer Moodle-Seite) präsentiert oder sogar auf Social Media geteilt werden kann, stärkt genau diese Aspekte: Die Jugendlichen entscheiden selbst über Thema, Stil und Umsetzung, erleben sich als handlungsfähig und erhalten Rückmeldung von Gleichaltrigen und Lehrkräften.

Vielfalt durch acht kreative Formate

Um verschiedene Möglichkeiten der kreativen Videoerstellung zur Praktikumsdokumentation aufzuzeigen, bieten acht unterschiedliche Videoformate zur Auswahl, die sich an beliebten Social-Media-Stilen orientieren. So können die Lernenden ausgehend von ihren Stärken und Interessen ein passendes Format wählen:

Typischer Arbeitstag – Vlog im Zeitraffer
Ein lächelnder Jugendlicher mit schwarzem Haar hält ein Smartphone vor sich. Um ihn herum sind bunte Icons angeordnet: ein Play-Button, eine Uhr, eine Kamera, eine Figur in Bewegung, ein Bildsymbol und grafische Effekte wie Herz, Linien und Kreise. Der Hintergrund ist kreisförmig gestaltet mit dynamischen türkisfarbenen Ringen, die Bewegung suggerieren.

Das erste Format lehnt sich an das populäre „Day‑in‑my‑Life‑Vlog“ an, das auf Plattformen wie TikTok, Instagram Reels oder YouTube Shorts millionenfach geklickt wird. Lernende strukturieren ihren Tagesablauf in vier bis sechs Stationen – etwa Ankunft, eine Kernaufgabe, Pause, Abschluss. Charakteristisch sind Hyperlapse‑ und Timelapse‑Sequenzen, die Routinehandlungen visuell beschleunigen und so Aufmerksamkeit erzeugen. Kurze Selfie‑Moderationen und POV‑Einstellungen lassen das Publikum nah am Geschehen teilhaben und fördern Authentizität.

Dieses Format eignet sich didaktisch, um Reflexions­fähigkeit (Was ist wirklich typisch?) und Storyboarding zu trainieren, während gleichzeitig technische Grundlagen wie Kamerabewegung und Schnittgeschwindigkeit geübt werden.

Hinter den Kulissen – Mini Doku
Eine blonde Jugendliche in Uniform hält eine Kamera in den Händen und blickt lächelnd nach vorn. Hinter ihr sind viele bunte Technikgeräte wie Mikrofone, Kameras, ein Megafon, ein Bildschirm und ein Soundmixer zu sehen. Die Gegenstände sind dynamisch und eng arrangiert, was auf kreative Technikarbeit hindeutet.

Bei der Mini‑Dokumentation geht es um einen dokumentarischen Kurzfilm, der häufig in Social‑Media‑BTS‑Reihen („Behind the Scenes“) auftaucht. Die Lernenden decken zwei oder drei „Secret Spots“ oder Produktionsschritte auf, die Außenstehende gewöhnlich nicht sehen. Weiche B‑Roll, neugieriger Off‑Kommentar und 5‑Sekunden‑O‑Töne erzeugen journalistische Glaubwürdigkeit bei gleichzeitig hoher. Schnittdichte

Das Format schult Recherche‐ und Interviewfähigkeiten und eignet sich, um prozessuales Wissen mediengerecht aufzubereiten. Gängig ist die Veröffentlichung als TikTok‑Serie oder YouTube‑„Short Doc“.

Jobinterview – 3 Fragen Talk
Ein Mädchen mit Brille und Blume im Haar sowie ein Junge im Anzug sitzen sich an einem Tisch gegenüber. Beide lächeln und führen ein Interview – das Mädchen hält ein großes Mikrofon mit der Aufschrift „9S“. Hinter ihnen sind Sprechblasen und ein Fragezeichen in einer pinken Sprechblase zu sehen. Die Szene deutet auf ein freundliches Gespräch oder ein Interviewformat hin.

Hier dominieren Talking‑Head‑Aufnahmen im Stil der viralen „3 Questions with…“‑Reels. Drei klar eingeblendete Fragen strukturieren das Gespräch, während Jump‑Cuts, aktives Zuhören und saubere Tonaufnahme den Proficharakter sichern. Das Format fördert Gesprächsführung, aktives Zuhören und nicht zuletzt Ton‑Bewusstsein. Es lässt sich kurz als Reel posten. Lehrkräfte können es nutzen, um Fragetechnik und Medienethik (Einverständnis) zu thematisieren.

Recap – Reflexions Vlog
Ein lächelnder Junge in einem roten Shirt steht im Mittelpunkt einer Bildkomposition. Um ihn herum schweben bunte Symbole wie eine Glühbirne, ein Play-Button, ein geöffnetes Buch, ein Laptop mit Text, ein Trichter, ein Häkchen und eine Art Netzwerkstruktur. Die Symbole sind in Sprechblasen oder grafischen Elementen eingebettet, die auf Ideen, Reflexion, Auswahl und Wissenstransfer hinweisen.

Dieses Format kombiniert Highlight‑Montage und Voice‑over und entspricht den beliebten „Glow‑Up‑“ oder „That was my year“‑Clips. Lernende wählen drei Lernmomente, unterlegen sie mit emotionaler Musik und reflektieren im Off‑Text. Das fördert metakognitive Prozesse und stärkt die Fähigkeit, Lernfortschritte zu verbalisieren. Die kurzen Clips können gut in Schul‑Instagram-Kanälen, E‑Portfolios oder auf anderen  Moodlekursen eingebettet werden.

Schritt für Schritt – Tutorial
Ein fröhliches Kind mit pinkem Haar und Latzhose steht zentral vor einem strahlenförmigen, türkisfarbenen Hintergrund. Um die Figur herum sind verschiedene Symbole zu sehen, darunter ein Pfeil, ein Fragezeichen, ein Zahnrad, eine Glühbirne, ein Play-Button, eine Zielscheibe und ein Videowerkzeug. Die Elemente sind grafisch klar angeordnet und suggerieren Struktur, Prozess und Anleitung.

Das Tutorial ist ein klassisches „How‑To‑Short“. Vier bis sechs Schritte werden durch farbcodierte Titelkarten eingeführt, gefolgt von alternierenden Wide‑ und Close‑Ups, damit Betrachter jedes Detail nachvollziehen können. Safety‑Icons (⚠️) integrieren Arbeits‑ und Gesundheitsschutz. Dieses Format entspricht Micro‑Learning‑Clips auf TikTok DIY‑Kanälen und schult prozedurale Darstellungskompetenz, inklusive Visualisierung von Sicherheitshinweisen.

Beruf im Steckbrief – Facts & Clips
Ein fröhlicher Jugendlicher mit dunklem Haar hält ein Tablet in den Händen. Um ihn herum schweben bunte Symbole aus der digitalen Welt – darunter Play-Buttons, ein Zahnrad, ein Globus, eine Uhr, ein Fadenkreuz, ein Diagramm, eine Lupe und eine Zielscheibe. Die Bildkomposition wirkt dynamisch und digital vernetzt.

Hier entsteht ein Infotainment‑Reel, das Fakten in Snack‑Able‑Slides verpackt. Große Headlines, animierte Icons und kurze B‑Roll‑Einsprengsel vermitteln sechs oder mehr Keyfacts in höchstens 90 Sekunden. Dieses Format spiegelt gängige „Fact Dump“‑ oder „Did you know?“‑Reels und schult Informations­auswahl, Infodesign und Storytelling unter Zeitdruck. Ideal für Berufsorientierungs‑Instagram‑Kanäle oder Snapchat Spotlight.

Betriebsvorstellung – Unternehmens Porträt
Ein lächelnder Jugendlicher steht in einem modern eingerichteten Raum neben einem Schreibtisch. Auf dem Tisch stehen zwei bunte Trinkflaschen und ein Becher mit Buntstiften. Ein Monitor zeigt einen auffälligen pinken Pfeil. Um die Person herum schweben verschiedene bunte Pfeile, Sprechblasen und Check-Symbole – sie wirken wie animierte Icons oder grafische Overlays. Der Hintergrund ist in Türkistönen gehalten, was die lebendige, positive Atmosphäre verstärkt. Die Person zeigt mit einer Hand auf den Monitor und hält mit der anderen ein Peace-Zeichen.

Das Mini‑Imagevideo kombiniert Elemente eines klassischen Brand‑Stories mit Social‑Media‑Schnitt. Ein heroischer Außen‑ oder Drohnen‑Shot, Logo‑Animationen und Hochglanz‑Produktshots vermitteln Professionalität. Eine kurze Signature‑Quote stellt die Besonderheit des Betriebs heraus. Lehrkräfte können damit auch Themen wie Werbewirkung, Zielgruppen­ansprache und Corporate Design ansprechen. Plattformen: YouTube oder auch als längeres Reel.

Mein Arbeitsplatz – Room /Desk Tour
Eine lächelnde junge Person mit kastanienbraunen Haaren steht im Vordergrund und hält eine Videokamera auf einem Stativ. Sie trägt ein modernes T-Shirt mit Logo, das auf ein Projekt oder eine Organisation hinweist. Im Hintergrund sind drei bunte, moderne Bürogebäude zu sehen – gelb, blau und rot gestaltet – umgeben von grünen Pflanzen. Die Szene wirkt freundlich und professionell zugleich.

Dieses Format orientiert sich an den beliebten Desk‑Setup‑Tours auf YouTube und TikTok. Eine fließende Kamerafahrt präsentiert den Arbeitsplatz; Overlay‑Labels benennen Geräte, während Safety‑Tipps als Micro‑Learning erscheinen. Das schult räumliche Planung, Kamera­bewegung und data‑privacy‑Awareness (was darf man zeigen?). Veröffentlichbar als Reel oder kurzer YouTube‑Clip.

Pädagogisch differenzieren mit zwei Bewertungsrastern

Damit alle Jugendlichen von der Aufgabe profitieren, enthalten die Materialien zwei unterschiedliche Bewertungsraster: Das Raster “Medienkompetenz Plus” richtet sich an Gruppen mit filmsprachlicher Vorerfahrung oder hoher Gestaltungsfreude. Das Raster “AV-Kompass” ermöglicht eine niedrigschwellige Umsetzung für Klassen mit heterogenen Voraussetzungen. Beide Raster bewerten dieselben fünf Dimensionen – Inhalt, Technik, Organisation, Datenschutz und Reflexion – jedoch mit unterschiedlicher Tiefe und Komplexität.

Beide Raster sowohl in PDF-Form als auch als interaktive Seite mit einer Punktezählfunktion im als Textseite im Moodlekurs vor. 

Fazit

Mit diesen offenen Bildungsmaterialien wollen wir die Berufsorientierung mit Medienbildung verbinden und Lehrkräften ein flexibel einsetzbares Werkzeug an die Hand geben. 

Die Lernenden erleben ihre eigene Kompetenz sichtbar und wirksam, die Reflexion ihres Praktikums wird zu einem kreativen Gestaltungsprozess, und gleichzeitig werden zentrale digitale Kompetenzen geschult.

Die Materialien orientieren sich an der KMK-Strategie “Bildung in der digitalen Welt” und stärken insbesondere die Kompetenzbereiche “Produzieren & Präsentieren” sowie “Analysieren & Reflektieren”. Sie eignen sich für den Einsatz im Berufsvorbereitungsjahr, in der Sekundarstufe I oder in berufsbildenden Bildungsgängen und lassen sich sowohl im Klassenverband als auch im individualisierten Lernsetting nutzen.

Eine neonfarbene Illustration einer Zapfsäule kombiniert mit einem großen nach unten gerichteten Pfeil. Die Zapfsäule ist in türkis und pink gestaltet, mit einem schwarzen Schlauch und einer Düse an der rechten Seite. Der Pfeil besteht aus leuchtenden pinken und türkisfarbenen Neonlinien, die die Zapfsäule umrahmen. Der Hintergrund ist dunkel, wodurch die leuchtenden Neonfarben besonders hervorstechen. Die Bodenfläche reflektiert die Neonlichter, was den futuristischen und dynamischen Stil des Bildes unterstreicht.

MATERIAL

Über diesen Button könnt ihr das Unterrichtsmaterial (PDF) herunterladen.

Der Moodlekurs kann bereits bei moodle.bildungssprit.de erreicht werden. Derzeit befinden wir uns noch in den letzten Anpassungen. sobald diese fertiggestellt sind, wird auch dieser zum Download bereit stehen. 

Disskusionsanstoß

  • Wie bewertet Ihr die Idee, das Praktikum nicht über eine Mappe sondern in einem aktuellen Social-Media-Videoformat zu präsentieren?
  • Was haltet Ihr von den Materialien? Gebt uns gerne an persönliches Feedback!
  • Ihr möchtet wissen, wie Ihr Eure Lernenden mit unseren Materialien bei der eigenen Videoerstellung unterstützen könnt – dann sprecht uns gerne an!

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